Neuverhandlung eines Service-Vertrags

Ausgangslage

Der IT Service Provider hat sich im Rahmen einer Neuverhandlung der Servicegeschäfts bei gleichzeitiger Änderung des Leistungsumfangs an die neuen Gegebenheiten anzupassen.

Der Client und der Midrange Betrieb wurden vollumfänglich für den Endkunden geliefert. Das neue Modell sieht vor, dass der Endkunde einige der Services selbst erbringen möchte, wodurch sich erhebliche Änderungen im Leistungsportfolio, den Leistungsübergabepunkten, dem Monitoring und Berichtswesen als auch dem Preis ergeben.

Eingespielte interne Verfahren sind damit entlang des neuen Leistungsschnitts neu zu ordnen.

Auftrag

Ich bin als Interim-Manager beauftragt worden, Klarheit und Lösungen für folgende Gebiete zu erzielen:

  • Leistungsportfolio
    • Der alleinige Wunsch eines Kunden, Leistungen selbst zu übernehmen, um es „billiger“ zu machen, bedeutet, dass er ein tiefes Verständnis für die dahinterliegende Aufgaben aufzubauen hat. Verbunden mit Fragen:
      • kann ich als Endkunde das überhaupt leisten?
      • gehört es zu meinem Kerngeschäft?
      • wie ändern sich meine Leistungsströme?
      • werde ich damit flexibler, schneller, agiler?
    • Die Tatsache, dass der Service Provider sein bisheriges Portfolio kennt, mit all seinen Schnittstellen, Abhängigkeiten und Alltagsproblemen, bedeutet nicht, dass er dieses Wissen heraussprudeln sollte, ohne in den Verdacht einer Vermeidungsrolle für den Change zu geraten
    • Vielmehr gilt es, die neuen Leistungsübergabepunkte zu identifizieren und Schritt für Schritt einzeln zu besprechen. Da kann schon mal eine Schleife von 6 Wochen entstehen, bevor sich der Endkunde nach „Problem erkannt“ intern neu sortieren möchte
    • Leistungsabgabe bedeutet auch interne Verschlankung, die unter- oder überproportional sein kann. Erfahrungsgemäß ist es besser, die Aufwände im Zielszenario zu bewerten als eine Unterschiedsbetrachtung gegenüber dem heutigen Leistungsportfolio anzugehen.
    • Im hiesigen Fall ist eine große Verwobenheit zwischen Kunde und Provider gegeben. Keine Trennung von Adressräumen, hohe vor-Ort-Quote. Alles deutet eher auf ein Body-Lease Modell zu Festpreiskonditionen hin. Der Endkunde ist sich mit dem Änderungswunsch des bestehenden Vertrags nicht bewusst, dass es hier nicht um „less-lease“, sondern von Providersicht nur ernsthaft und profitabel eingegangen werden kann, wenn tatsächlich auf „Managed Services“ umgestellt wird
  • Interne Neuaufstellung
    • Die Umstellung auf Managed Services hat Provider intern eine Reihe von Implikationen:
      • Automatisierung von Berichtswesen, Reporting, Request-Annahme und -Verarbeitung
      • Integration eines autark geführten Kundenumfelds in die Unternehmensprozesse, -Verfahren und -Tools
      • Gewinnung von Synergieeffekten über Kundengrenzen hinweg
    • Neue Bereichsgrößen erfordern den Eingriff in die Aufbaustrukturen
    • Umstellung und Neueinrichtung von Werkzeugen bedingen alle Aktivitäten eines Software-Change
  • Kundenverhandlungen über Leistungen und Preis
    • Nach allem Gesagten stehen sich zwei Verhandlungspartner gegenüber, die
      • auf der einen (Kunden-) Seite einen simplen Dreisatz anwenden wollen: x% weniger Body Lease = x% Preisreduktion (die intern zu schaffenden Zusatzleistungen werden gerne über „Eh-da“-Kosten wegdiskutiert), so dass eine Netto-Betrachtung der Kosten auf Kundenseite gerne vernachlässigt wird
      • auf der anderen (Provider-) Seite entsteht der Wunsch nach höherer Automation (Managed Services), um Skaleneffekte mit anderen Kunden nutzbar zu machen. Der Preis des Umbaus ist nicht verrechenbar. Insofern besteht beim Provider das Dilemma: zukünftig weniger Einnahmen, Einmalkosten für den Umbau, und das muss zumindest über die Laufzeit des zukünftigen Vertrags gewinndeckend sein
      • Die Diskrepanz kann nicht größer sein.
      • Solche Art erforderlicher Entscheidungen über Preis und Leistung werden nicht mehr auf der operativen Berechnungsebene getroffen. Die Diskrepanz ist auf Geschäftsführungsebene zu verdeutlichen und mit Lösungsansätzen einzubringen.
  • Vorbereitung des Vertragsabschlusses
    • Beim Vertrag sind drei Phasen zu unterscheiden:
      • die Initialisierungsphase
      • die Transformationsphase
      • der spätere reguläre Betrieb
    • Sind Mitarbeiter-Übergänge vorgesehen / erlaubt?
    • wie gehen Werkzeuge für das IT-Betriebsmanagement über?
    • Wie erfolgt die Übergangsphase und ist sie in beiderseitigem Einverständnis terminiert? Welche Entscheidungskriterien werden für ihren Abschluss herangezogen?
    • Ab wann gelten neue Zahlungspläne?
    • Wie lange werden Pönalen für Minderleistungen aufgrund des Übergangs ausgesetzt?

Alles in allem sind nach der Festlegung der Leistungsorganisationen eine ganze Reihe anderer Vereinbarungen vorzubereiten, die aufgrund ihrer Menge nicht unterschätzt werden darf.

Ergebnisse

Ich hatte das Glück, bei der Signierung des Vertrags anwesend zu sein und damit mein Werk als abgeschlossen betrachten zu können.

Im Verhandlungs-Team mit über 50 mitarbeitenden Experten, das sich über Monate über Details auseinandergesetzt hatten, wich die Anspannung dem tiefen Gefühl innerer Zufriedenheit, dass jeder sein Bestes gegeben hat und mit einem erfolgreichen Vertragsabschluss belohnt wurde, ganz ähnlich den Konzertmusikern, die während des Konzerts hochkonzentriert zum Gelingen beitragen, und zum Abschluss den Applaus des Publikums genießen dürfen.